«I have seen the future», sang Leonard Cohen, «and it’s murder». Kriege kommen, und enden, Imperien entstehen und vergehen, derzeit entstehen sie vielleicht wieder: Putin strebt ein großrussisches Reich an, russische Drohnen dringen in Polen ein, China betreibt imperialistische Politik, Iran auch; sowohl die NASA als auch China in Kollaboration mit Russland (über die die International Lunar Research Station) planen bis zum Jahr 2030 beziehungsweise 2035 Atomreaktoren auf dem Mond zu errichten und sich Rohstoffvorkommen des Planeten zu sichern.
Die USA bereiten sich auf den internationalen Kampf der Titanen vor, so scheint es zumindest: Am 6. September unterzeichnete Donald Trump ein Dekret zur Umbenennung des US-Verteidigungsministeriums, des Defense Departments, auch Pentagon genannt, in Department of War. Die Idee sei, so Trump und Verteidigungsminister Pete Hegseth, die Signalisierung der Rückkehr zu einer Zeit als die USA noch Kriege gewonnen hätten. «Everybody likes that we had an unbelievable history of victory when it was Department of War», sagte Trump. Verteidigungsministerium habe ausserdem zu defensiv geklungen, gar schwach, und den heutigen Zeiten nicht angemessen. Trump: «Defense is too defensive…we want to be offensive, too, if we have to be».
Als 1947 das US-Kriegsministerium von Department of War erst als «National Military Establishment» unter Führung vom Fünf-Sterne General Dwight D. Eisenhower erstmals Armee, Navy und Air Force vereinte, im August 1949 dann als Defense Department umbenannt wurde, ging es darum, dass sich die Alliierten Mächte der Nachkriegszeit auf die Vermeidung von Kriegen konzentrieren wollten und sollten. Ausserdem darum, schwächere Länder im Falle von Angriffskriegen grösserer Mächte zu verteidigen, die offizielle Mission des bisherigen Verteidigungsministeriums war «to provide the military forces needed to deter war and ensure our nation’s security».
Als Trump diesen Sommer vor Westpoint-Graduierten sprach, formulierte er es anders. Aufgabe des Militärs sei es «to dominate any foe and annihilate any threat to America, anywhere, anytime, and any place». Auch Verteidigungsminister Hegseth ist enthusiastisch: Endlich kehre ein «Kriegerethos» ins Pentagon zurück, die Namensänderung sei bitter nötig gewesen, da sie der Anwendung von Gewalt die nötige Intentionalität (wieder)gebe: «We’re going to go on offense, not just on defense. Maximum lethality, not tepid legality, violent effect, not politically correct. We’re going to raise up warriors, not just defenders. So this War Department, Mr. President, just like America, is back.» Einen Tag nach der Neutaufe des Kriegsministeriums veröffentlichte Trumps Social Media Team auf X ein KI-generiertes Bild des Präsidenten als Lieutenant Colonel William Kilgore aus Coppolas Film «Apokalypse Now (1979), im Hintergrund erscheint die Stadt Chicago als sonnenblutroter Kriegsschauplatz, «Chicago about to find out why it’s called the Department of WAR», heisst es weiter, ausserdem «I love the smell of deportations in the morning» – in Anspielung auf den Satz des Vietnam-Veteranen Kilgores: «I love the smell of napalm in the morning».
Kritiker meinen in der Umtaufe cowboyhaftes Machogehabe zu erkennen, Kriegslust, und eine ähnlich aufgepeitschte Lügenrhetorik, wie sie Georges Orwells Roman «1984» mit Sätzen wie denen des Protagonisten und Oceania-Bewohners Winston Smith vorwegnahm: «We have always been at war with Eastasia!». Das Wort «Krieg» dort, wo «Verteidigung» stehen solle, ohne dass es bereits einen Krieg gäbe, laufe Gefahr, in der amerikanischen Bevölkerung (unbewusst) ein kriegerisches Mindset zu generieren, könne zu so etwas wie einer self-fulfilling prophecy werden, schreibt die New York Times. Ausserdem, so diverse Medien, rücke der Friedensnobelpreis, den Trump so sehr wolle, nun wohl in weiter Ferne.
Wirklich? Vielleicht ist das Gegenteil möglich: Amerika ist verunsichert, ein Wort der Stärke maskiert Angst vor Schwäche. Der One, Big Beautiful Bill Act, wie Trump den am 3. Juli vom Kongress beschlossenen Haushalt für das Jahr 2026 nennt, umfasst zusätzliche Verteidigungsausgaben von 156.2 Milliarden Dollar und 12.8 Milliarden Dollar für das US-Raketenabwehrsystem Golden Dome. Erst am 3. September hatte Trump anlässlich des Treffens von Xi Jinping, Wladimir Putin, Alexander Lukashenko und Kim Jong Un, das in Bejing anlässlich des Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkrieges und der Kapitulation Japans stattfand und zu dem auch Indiens Präsident Modi geladen war, an Xi Jinping gerichtet auf X gepostet: «Please give my warmest regards to Vladimir Putin, and Kim Jong Un, as you conspire against the United States of America. PRESIDENT DONALD J. TRUMP», ausserdem: «Looks like we’ve lost India and Russia to deepest, darkest, China. May they have a long and prosperous future together!»
Die Online-Platform Axios sagt voraus: Trump wird sein Versprechen, die USA zu einem Player internationaler Politik zu machen, nicht einhalten können. Ausserdem könnte es sein, berichtet die Financial Times, dass die USA ab 2026 die Militärhilfen an der NATO-Ostflanke, an Estland, Litauen und Lettland streichen könnten. Auf X insinuierte Tom Nichols, Professor Emeritus am U.S. Naval War College, nicht zum ersten Mal, Trump sei Putin nicht gewachsen und dass die aussenpolitischen Massnahmen der US-Regierung, insbesondere im Hinblick auf das Baltikum, Russland zuarbeiteten: Zwar solle man sich keinesfalls irgendwelchen Verschwörungstheorien hingeben, «but this is a classic moment where it’s understandable to ask: If the Russians owned him, how would his actions be any different?»