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Foto: "Angela Merkel" von photocosmos1 via Shutterstock

„Großkreuz“ für Merkel schadet der Politik und ihrer Glaubwürdigkeit

Die Auszeichnung der früheren Bundeskanzlerin Merkel mit dem „Großkreuz in besonderer Ausführung“ ist für den Vorsitzenden der Denkfabrik R21, Prof. Dr. Andreas Rödder, „ein Fehler, mit dem der Bundespräsident der Demokratie und ihrer Glaubwürdigkeit schadet“. Mit der Ordensverleihung „belobigt der Bundespräsident nicht nur seine frühere Chefin, sondern auch das problematische Erbe der vergangenen Jahre – und sich selbst“, schreibt Rödder in seiner Kolumne für den „Tagesspiegel“.

Die „Ära Merkel“, Ende 2021 mit viel öffentlicher Wehmut verabschiedet, „implodiert vor unseren Augen“, so Rödder. In seiner Analyse stützt er sich auf die Ergebnisse der interdisziplinären Tagung „Deutschland nach der Ära Merkel“, die die Denkfabrik R21 im März in Berlin veranstaltete.

Zur Bilanz der Regierungszeit Merkels gehören demnach eine Energiepolitik, die nicht funktionieren kann; eine Russlandpolitik, die als größter außenpolitischer Fehler seit 1945 angesehen wird; eine Verteidigungspolitik, die der frühere Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels eine „Abrüstung im Blindflug“ nannte; eine Sozialpolitik, die die demographische Entwicklung immer mehr ignorierte und stattdessen mit staatlichen Transferleistungen Wohlstandserwartungen weckte, die auf Dauer nicht zu erfüllen sind; eine Migrationspolitik, für die selbst abwägende Beobachter mit Blick auf das Jahr 2015 den Begriff „Chaos“ verwendet haben.

Merkels Methode, getroffene Entscheidungen als „alternativlos“ einzuordnen und so jeder weiteren Diskussion zu entziehen, habe, so Andreas Rödder, „einen Dogmatismus befördert, in dem nicht die Pluralität der Meinungen anerkannt wird, sondern nur eine Wahrheit zählt, nämlich die eigene“.

Zur Tagung „Deutschland nach der Ära Merkel – Lehren für die Gegenwart, Perspektiven für die Zukunft“ hat die Denkfabrik R21 ein Manifest veröffentlicht „Am Ende der Komfortzone: Deutschland braucht eine Generalreform“.

Die Aufzeichnung der „Deutschland nach der Ära Merkel“-Tagung finden Sie hier.

Die Kolumne von Andreas Rödder erscheint in der Samstagsausgabe (15.04.2023) des Tagesspiegel unter der Überschrift „Das Kreuz an der falschen Stelle“.

Andreas Rödder

Andreas Rödder ist Leiter der Denkfabrik R21 und Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Gegenwärtig wirkt er als Helmut Schmidt Distinguished Visiting Professor an der Johns Hopkins University in Washington. Er war Fellow am Historischen Kolleg in München sowie Gastprofessor an der Brandeis University bei Boston, Mass., und an der London School of Economics. Rödder hat sechs Monographien publiziert, darunter „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“ (2015) und „Wer hat Angst vor Deutschland? Geschichte eines europäischen Problems“ (2018), sowie die politische Streitschrift „Konservativ 21.0. Eine Agenda für Deutschland“ (2019). Andreas Rödder nimmt als Talkshowgast, Interviewpartner und Autor regelmäßig in nationalen und internationalen Medien zu gesellschaftlichen und politischen Fragen Stellung; er ist Mitglied im Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung und Präsident der Stresemann-Gesellschaft.

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