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Foto: Denkfabrik R21

Kernelemente einer zukunftsfähigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Mit der „Zeitenwende“ hat sich die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik, nach Jahren des Ignorierens sicherheitspolitischer Gefährdungen, der friedenspolitischen Blütenträume und der parteiübergreifenden Vernachlässigung der Bundeswehr, hin zu mehr sicherheitspolitischem Realismus entwickelt. Trotz der durchaus bemerkenswerten Veränderungen steht aber die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands immer noch auf finanziell und konzeptionell ungesicherten Grundlagen und wird von populistischen Kräften links und rechts in Zweifel gezogen. Will man die Zeitenwende wirklich nachhaltig gestalten, so ist neben einem soliden – das heißt nicht auf einer weiteren Verschuldung basierenden – Verteidigungshaushalt ein noch stärkeres Umdenken in Politik und Öffentlichkeit mit Blick auf Abschreckung und Verteidigung im transatlantischen Verbund erforderlich.

  • Aus historischen Gründen hat die Bundesrepublik seit ihrer Gründung keine nennenswerte strategische Kultur der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vorgewiesen. Das Militärische galt als belastet. Ein linearer Zivilisierungs- und Pazifizierungsprozess wurde unterstellt.
  • Das sicherheitspolitische Denken war entsprechend von Konstanten geprägt, die überdacht werden müssen, darunter der unkritische Glaube an die Kraft diplomatischer Lösungen im Allgemeinen und die Modernisierungspartnerschaft mit Russland im Besonderen.
  • Russlands Angriff auf die Ukraine 2022 brachte die genannten Grundüberzeugungen zum Einsturz und führte zu einer völligen Umkehrung deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
  • Der politische Umdenkungsprozess muss jedoch auf eine breitere argumentative Basis gestellt werden, um nicht nur als Reaktion auf Russlands Angriff verstanden zu werden.
  • Zehn Kernelemente sind dafür zu berücksichtigen, darunter ein öffentliches Verständnis von Sicherheitsvorsorge als notwendige Kernaufgabe des Staates; eine damit zusammenhängende Finanzierung der Verteidigungsfähigkeit aus dem regulären Bundeshaushalt und nicht qua Sondervermögen; eine Rückkehr zur Wehrpflicht bzw. Einführung einer Dienstpflicht; eine Entmoralisierung und Anerkenntnis (nuklearer) Abschreckung als sicherheitspolitisches Instrument uvm.

Den vollständigen Eckpfeiler einer bürgerlichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik finden Sie hier.

Karl-Heinz Kamp

Dr. Karl-Heinz Kamp ist Associate Fellow im Zentrum für Ordnung und Governance in Osteuropa, Russland und Zentralasien der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und lehrt an der Universität Roma Tre in Rom. Bis 2023 war er Beauftragter des Politischen Direktors im Bundesministerium der Verteidigung. Davor war er Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin. Von 2007 bis 2013 war Karl-Heinz Kamp Forschungsdirektor am NATO Defense College in Rom. Zuvor war er in unterschiedlichen Funktionen bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bonn und Berlin sowie im Planungsstab des Auswärtigen Amtes tätig.

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