Die geplante Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin setzt den Konsens der Mitte außer Kraft, sagt Andreas Rödder. In einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „Die Welt“ und im Politico-Podcast „Playbook Berlin“ nimmt der R21-Leiter kritisch Stellung.
„Richterwahlen sind ein ganz sensibles Thema“, sagte Rödder im Politico-Podcast. „Und wir haben ein Prinzip eingeführt, dass diese Richterwahl an den Konsens der Mitte gebunden ist.“ Deshalb habe die Union auf ihren ursprünglichen Kandidaten verzichtet, den die Grünen als zu konservativ kritisiert hatten. Die SPD hält hingegen an der umstrittenen Juristin Frauke Brosius-Gersdorf fest. Dies mitzutragen wäre aus Sicht der Union ein großer Fehler, so der Historiker.
In einem Gastbeitrag für die Welt führte Rödder aus, mit welchen Positionen Brosius-Gersdorf unter anderem polarisiert: In der Abtreibungsfrage plädiert sie für eine Abschaffung von §218, der einen mühsam ausgehandelten Kompromiss zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Schutz des werdenden Lebens darstellt. Während der Pandemie sah sie eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einführung einer Impfpflicht. Das Ehegattensplitting, das dem grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie Rechnung trägt und Ehepartnern bei der Rollenverteilung Wahlfreiheit ermöglicht, möchte sie abschaffen. Und auch ihre Position zur Aufstellung von geschlechterparitätischen Wahllisten widerspricht bürgerlich-liberalen Vorstellungen von Wahlfreiheit und Selbstbestimmung zugunsten illiberaler identitätspolitischer Quotierungen.
„Das ist linker Aktivismus, von dem sich die Öffentlichkeit immer weiter abwendet“, schreibt Rödder. „Bei den letzten Bundestagswahlen haben Rot-Rot-Grün gerade noch 36,8 Prozent der Stimmen erhalten – und sollen nun die Weichen am höchsten deutschen Gericht stellen?“ Der Leiter der Denkfabrik R21 mahnt: „Die Wahl einer solchen Kandidatin als Richterin würde in ihrer politischen Einseitigkeit den Konsens der Mitte außer Kraft setzen.“ Durch das Verfahren einer gemeinsamen Abstimmung mit der Linkspartei würde die Union zudem ihren Unvereinbarkeitsbeschluss mit den politischen Rändern aufgeben.
„Diese Wahl ist kein Einzelfall, sondern eine Richtungsentscheidung für die bundesdeutsche Demokratie“, so Rödder. „Erlaubt das bürgerliche Deutschland, dass die politische Mitte des Landes durch linken Aktivismus statt vom antiextremistischen Konsens bestimmt wird? Es ist an den Abgeordneten der Union, sich einem linken Diktat zu widersetzen, das die bundesdeutsche Demokratie nachhaltig beschädigen würde.“