Schröder zum FDP-Bashing: Verlust an demokratischer Kultur
Individualisten sind in Deutschland suspekt, freiheitliches Denken wird häufig diskreditiert – das schreibt Kristina Schröder in ihrer aktuellen Kolumne für die „Welt am Sonntag“. Die R21-Gründerin warnt vor einem Verlust der demokratischen Kultur. Die Aversionen gegen die Liberalen habe für manche Medien mehr Bedeutung als die Beschäftigung mit echten Problemen unseres Landes.
„Hass auf die FDP geht immer“, konstatiert die stellvertretende Leiterin der Denkfabrik R21 in ihrer Kolumne. Viele Medien, und nicht nur die öffentlich-rechtlichen, seien beim Bashing der liberalen Partei „ganz vorne mit dabei“. So zeigt eine aktuelle Auswertung von 5000 Artikel aus Zeit, Spiegel und FAZ, dass so negativ wie über Christian Lindner nur noch über AfD-Chefin Alice Weidel berichtet wird.
In der Sozialwissenschaft wird radikal freiheitliches Denken neuerdings mit dem gefährlich klingenden Etikett des „libertären Autoritarismus“ diskreditiert. Auch FDP-Chef Christian Lindner sieht sich derlei Vorwürfen ausgesetzt, seit er erklärte, Deutschlands verkrustete Strukturen könnten „ein kleines bisschen mehr Milei und Musk“ vertragen. Matthias Quent, Gründungsdirektor eines staatlich geförderten Instituts in Trägerschaft der Amadeu Antonio-Stiftung, rückte den FDP-Vorsitzenden daraufhin in die Nähe von Sozialdarwinismus und Rechtspopulismus. „Geht’s vielleicht auch ein bisschen kleiner?“ fragt Kristina Schröder.
Für den Bruch der Ampel dürfte der FDP „ein Großteil der Republik mindestens klammheimlich dankbar sein“, schreibt Schröder. Doch für die Wortwahl in einem internen Papier und die misslungene Kommunikation dazu erfährt die Partei seitdem heftige Kritik. Für die R21-Gründerin gehen dabei die Maßstäbe verloren: „Haben wir mit einem Wirtschaftsminister, der mitten in einer Energiekrise die Abschaltung tadellos funktionierender Kernkraftwerke anordnete und sie derzeit zerstören lässt, und einem Gesundheitsminister, der zugeben musste, gegen die fachliche Auffassung des RKIs in der Pandemie die Risikoeinstufung hochgehalten und damit nach seiner persönlichen Willkür die Grundrechte von 80 Millionen Deutschen weiter eingeschränkt zu haben, nicht auch noch ein paar andere Themen mit Tragweite?“
Schröder sucht in ihrer Kolumne nach einer Erklärung für die tiefen Aversionen gegen liberale Politiker: „Was wurde über Guido Westerwelle hergezogen! Hat das vielleicht damit zu tun, dass kaum etwas bei Menschen so viel Misstrauen und Wut hervorrufen kann, wie der Individualist, der die innere Souveränität hat, sich kollektivistischen Vorgaben zu entziehen, auch mal alleine sein Ding zu machen?“
Die R21-Gründerin und ehemalige Bundesfamilienministerin weiß, was ein Bundestag ohne die FDP bedeutet: Sie hat es 2013 bis 2017 als Bundestagsabgeordnete selbst erlebt. Kritik an der schwarz-roten Koalition kam damals nur von links, liberale Argument gab es im höchsten deutschen Parlament nicht mehr. „Eine Rechtfertigung der Politik in Hinblick auf eine freiheitliche Perspektive war nicht mehr nötig“, schreibt Schröder. „DAS – und nicht eine schräg formulierte Power-Point-Präsentation – ist wirklich ein Verlust an demokratischer Kultur.“