R21-Expertenrat fordert Neustart in der Klimapolitik
Die Denkfabrik R21 hat einen Expertenrat zur Klima- und Energiepolitik eingesetzt. Im Interview der Tageszeitung „Die Welt“ sprechen R21-Gründungsmitglied Martin Wiesmann und der Magdeburger Ökonomie-Professor Joachim Weimann über die Arbeit des Gremiums und die Notwendigkeit eines klimapolitischen Kurswechsels.
Es brauche eine realistisch und sinnvolle Klimapolitik, erklärt Wiesmann. Die deutsche Energiewende werde diesem Anspruch nicht gerecht: „Es ist kein Geld mehr da für die Gigantonomie und der politische Druck steigt wegen hoher Energiekosten und abwandernder Industrie.“ Aber der eingeschlagene Weg sei nicht nur teuer, sondern auch ineffektiv: „Die CO2-Emissionen in Deutschland bleiben hoch“. Der R21-Expertenrat wolle deshalb neue Wege aufzeigen.
„Die globale Erwärmung ist ein spieltheoretisches Problem“, erläutert der Volkswirt Joachim Weimann. Man müsse Anreize schaffen, dass immer mehr Staaten beim Klimaschutz mitmachen. Deutschlands Energiewende bewirke eher das Gegenteil, denn sie verbillige fossile Energie in anderen Ländern.
Als geeignetstes Instrument sieht der R21-Expertenrat den Europäischen Emissionshandel. „Er sollte das Grundgerüst der Energiewende werden und ausgebaut werden auf alle Sektoren der Wirtschaft“, so Weimann. „Wer Emissionen nicht vermeiden kann, muss Zertifikate erwerben, die zur Emission von CO2 berechtigen. Der Handel mit den Zertifikaten führt dazu, dass Emissionen dort eingespart werden, wo die Einsparung besonders leichtfällt und die Vermeidung von Emissionen zu geringen Kosten möglich ist.“ Jeder Akteur werde sich überlegen, was günstiger ist: den Preis für ein Zertifikat zu bezahlen oder auf die Emission einer Tonne CO2 zu verzichten.
Der Preis der Zertifikate liefere ein Wissen, das Politiker und Wissenschaftler nicht haben können, erklärt Martin Wiesmann – nämlich die Information, wie hoch die CO2-Vermeidungskosten sind: „Fällt es leicht, CO2-Emissonen zu vermeiden, dann ist das Ergebnis ein niedriger Preis, weil die Nachfrage nach Zertifikaten gering ist.“ Das politisch festgesetzte, verlässlich erreichbare Emissionsziel werde durch den Emissionshandel zu den geringst möglichen Kosten umgesetzt. Das Instrument habe sich bewährt: „Die Emissionen der vom Emissionshandel erfassten Sektoren in der EU sind seit 2005 um mehr als 40 Prozent gesunken“, so Wiesmann. Das System sei bestechend einfach und effizient.
Das Ziel einer massiven Reduzierung des Energieverbrauch hält der Magdeburger Ökonom Joachim Weimann für fatal: „Der Wunsch nach weniger Energie ist gleichbedeutend mit der Aussicht auf weniger Wohlstand, denn Energieverbrauch und Wohlstand sind nicht voneinander zu trennen.“ So brauche man beispielsweise für Künstliche Intelligenz, einen der große Produktivitätstreiber der Zukunft, viel Strom.
Das vollständige Interview finden Sie hier.