Die Zeit nach Merkel – welche Wende bringen die Wahlen?

Die Bundestagswahlen läuten das Ende der Kanzlerschaft Angela Merkels ein. Damit wird eine Epoche Geschichte sein, die einerseits von einem lang anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung geprägt war, die andererseits große Einschnitte wie die Aussetzung der Wehrpflicht, den Atomausstieg, die europäische Finanz- und Staatsschuldenkrise und die Flüchtlingskrise gebracht hat.

Obwohl viele an diesem historischen Punkt von einer Richtungswahl 2021 sprechen und das Land vor großen Problemen steht, kommt der Wahlkampf nicht in Gang.

R21-Leiter Professor Andreas Rödder macht im Interview mit dem Chefredakteur der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), Eric Gujer, eine politische Bestandsaufnahme. Er spricht über die möglichen Ursachen der Wahlkampf-Lethargie, die Zunahme von Staatsgläubigkeit und -interventionismus in Zeiten der Corona-Pandemie und den Hang der Deutschen zum Moralismus.

Ausgang ungewiss

Da derzeit zumindest nach den Meinungsumfragen vier Koalitionen nach dem 26. September denkbar sind, ist eine Prognose unmöglich, was die Zusammensetzung der neuen Regierung anbelangt. Nach Rödder ist es eine historische Ironie, dass ausgerechnet die SPD jetzt in der Sonntagsfrage vorne liegt. Ist doch sie die Partei, die in den letzten 16 Jahren durch den Linksschwenk der Union schleichend erodierte.

Die schwierige Situation des CDU-Kanzlerkandidaten liegt für den Historiker maßgeblich an der Eigengesetzlichkeit einer überhitzten Mediendynamik, aber auch an der unzureichenden Legitimation innerhalb der Partei. Rödder führt die jetzige Lage auch auf Angela Merkel zurück. „Sie hat nichts dazu beigetragen, um in der CDU in der Zeit nach ihrem Abtritt über Führungspersonal hervorzubringen –  geschweige denn den Machtübergang so vorzubereiten, dass die CDU einen Startvorteil gehabt hätte.“

In der AfD sieht das R21-Gründungsmitglied teilweise einen Normalfall angesichts des Aufkommens  populistischer Parteien in anderen europäischen Staaten. Sie sei aber teilweise auch ein „Sonderfall der Union“. Diese müsse versuchen, Radikalisierungen rechts von ihr zu vermeiden.

Das Interview in voller Länge – Video >

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  • Andreas Rödder

    Andreas Rödder ist Leiter der Denkfabrik R21 und Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Gegenwärtig wirkt er als Helmut Schmidt Distinguished Visiting Professor an der Johns Hopkins University in Washington. Er war Fellow am Historischen Kolleg in München sowie Gastprofessor an der Brandeis University bei Boston, Mass., und an der London School of Economics. Rödder hat sechs Monographien publiziert, darunter „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“ (2015) und „Wer hat Angst vor Deutschland? Geschichte eines europäischen Problems“ (2018), sowie die politische Streitschrift „Konservativ 21.0. Eine Agenda für Deutschland“ (2019). Andreas Rödder nimmt als Talkshowgast, Interviewpartner und Autor regelmäßig in nationalen und internationalen Medien zu gesellschaftlichen und politischen Fragen Stellung; er ist Mitglied im Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung und Präsident der Stresemann-Gesellschaft.

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