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Wie die Öffentlich-Rechtlichen die Anti-ICE-Krawalle glattbügeln

Lässt der US-Präsident durch die Nationalgarde friedliche Proteste unterdrücken? Dieses Bild vermitteln Berichte der öffentlich-rechtlichen Medien. Das ÖRR-Blog dokumentiert in Kooperation mit R21 tendenziöse Berichterstattung und zeigt auch in diesem Fall auf: Die Wahrheit stellt sich anders dar, als in ARD und ZDF gezeigt.

Während in zahlreichen US-Städten Chaos, Gewalt und brennende Regierungsgebäude den Alltag bestimmten, wurde deutschen Fernsehzuschauern ein ganz anderes Bild präsentiert: ARD und ZDF zeigten die eskalierenden Proteste gegen die US-Einwanderungsbehörde ICE durch die ideologische Brille einer „zivilgesellschaftlichen Bewegung“. Statt differenzierter Analyse: moralische Eindeutigkeit. Statt kritischer Distanz: gefällige Narrative. Statt objektiver Berichterstattung: weichgespülter Haltungsjournalismus, der eher an Aktivismus erinnert als an öffentlich-rechtlichen Informationsauftrag.

  1. Krawalle? Welche Krawalle?

Während in Portland, Seattle, Denver und Los Angeles Regierungsgebäude mit Molotowcocktails beworfen, ICE-Einrichtungen verwüstet und Fahrzeuge der Bundesbehörden in Brand gesteckt wurden, zeigten ARD und ZDF vorzugsweise Bilder von Plakaten, Gesängen und Demonstrierenden mit Blumen im Haar. Von „Krawallen“, „Ausschreitungen“ oder gar „Aufständen“ war in den Hauptnachrichtensendungen kaum die Rede. Stattdessen wählte man Begriffe wie „Protest“, „Aktivismus“ oder „Demonstrationen“, als ginge es um eine Greenpeace-Aktion auf einem Wochenmarkt.

In den USA selbst war der Sprachgebrauch ein anderer: Dort sprachen Bürgermeister und Polizeichefs klar von „politisch motivierter Gewalt“, von „organisierten Angriffen auf Bundesbehörden“ und von „staatlich untergrabenem Rechtsfrieden“. Doch die deutschen Öffentlich-Rechtlichen entschieden sich dafür, das massive Gewaltpotenzial weitgehend zu ignorieren oder zumindest sprachlich zu entschärfen. Die „Black Bloc“-Taktiken der Vermummten, ihre Angriffe auf Bundesagenten und ICE-Mitarbeiter, die Sachbeschädigungen an Regierungsgebäuden, sie fanden, wenn überhaupt, nur am Rande Erwähnung.

Der Zuschauer, der sich auf die öffentlich-rechtliche Abbildung des Weltgeschehens verließ, bekam ein weichgezeichnetes Bild einer angeblich friedlichen Protestbewegung serviert, während in den USA längst der Katastrophenschutz mobilisiert wurde.

  1. ICE als Feindbild – Einfache Story, schlechte Recherche

Die US-Behörde ICE – „Immigration and Customs Enforcement“ – war in der ARD-/ZDF-Darstellung nicht einfach eine Bundesbehörde mit Sicherheitsaufgaben, sondern der neue Inbegriff staatlicher Unterdrückung. Die Sprachwahl war verräterisch: Kaum ein Bericht kam ohne Begriffe wie „umstritten“, „brutal“ oder „menschenverachtend“ aus. Die Behörde wurde dabei meist nur auf ein Thema reduziert: Abschiebung. Dass ICE jedoch auch in Bereichen wie Terrorismusbekämpfung, Menschenhandel und organisierte Kriminalität tätig ist, wurde meist komplett ausgeblendet.

Ein differenziertes Bild dieser Behörde wurde dem deutschen Publikum systematisch vorenthalten. Stattdessen wurde ein vereinfachtes Narrativ aufgebaut: ICE als brutales Instrument des „Trump’schen Rassismus“, als Schreckenssymbol einer angeblich unmenschlichen US-Einwanderungspolitik. Der Kontext? Fehlte. Die rechtliche Grundlage? Ausgeblendet. Die Verantwortung von Kongress und Gerichten? Ignoriert.

So wurde ICE zum Bösewicht einer ideologisch gefärbten Erzählung und die extremistischen Angriffe auf ICE-Mitarbeiter und Büros zur verständlichen Reaktion „unterdrückter Gruppen“.

  1. Kein Wort über linksextreme Gewalt – oder nur geflüstert

Die Gewalt bei den Protesten kam nicht aus dem Nichts. In mehreren Fällen berichteten US-Sicherheitsdienste von gezielten Angriffen, die von gut organisierten, teilweise linksextremen Gruppen ausgingen, mit bekannten Symboliken, mit koordinierten Taktiken. Es gab Brandanschläge, Blockaden, tätliche Angriffe. Auch Bundesangestellte berichteten von Einschüchterungsversuchen, Morddrohungen und Angriffen auf ihre Privatwohnungen.

Diese Realität fand in deutschen Nachrichtensendungen kaum statt. Der Zuschauer erfuhr wenig bis nichts über die Herkunft und Radikalisierung einzelner Gruppierungen. Weder Antifa-nahe Strukturen noch anarchistische Netzwerke wurden erwähnt. Der Eindruck, der zurückblieb: Es handelte sich um spontane, überwiegend friedliche Bürgerproteste, nicht um gezielte Angriffe auf staatliche Ordnung und Gesetz.

Dass es ARD und ZDF nicht gelang (oder nicht gelingen sollte?), diese Eskalationen journalistisch sauber einzuordnen, wirft Fragen auf: Warum wurde diese Dimension unterschlagen? Warum wurden die Täter kaum benannt? Warum wich man so konsequent dem Begriff „linksextreme Gewalt“ aus?

  1. Die US-Einwanderungspolitik? Schnell verurteilt, selten erklärt

Die Einwanderungspolitik der USA ist komplex, sie besteht aus föderalen, lokalen und legislativen Elementen. ICE ist eine von mehreren Behörden, die im Rahmen geltender Gesetze operieren. Und dennoch wurde diese Realität im deutschen Fernsehen auf ein simples moralisches Urteil reduziert: unmenschlich, rassistisch, repressiv.

In keinem der Hauptbeiträge wurde erklärt, dass ICE gesetzlich verpflichtet ist, bei illegaler Einreise zu handeln. Es wurde nicht aufgezeigt, dass die meisten Abschiebungen aufgrund richterlicher Anordnung erfolgen. Auch die Tatsache, dass der US-Kongress, also ein demokratisch legitimiertes Organ, die Gesetze vorgibt, wurde selten bis gar nicht thematisiert.

Stattdessen folgte man einem klaren Muster: Einwanderungspolitik = Abschottung = Diskriminierung. Dass laut Umfragen etwa 60–70 % der US-Bevölkerung legale Einwanderung befürworten, aber illegale Migration ablehnen, fand keinerlei Erwähnung. Auch nicht, dass ICE regelmäßig dabei hilft, Kriminelle, Drogenschmuggler und Menschenhändler aufzuspüren. Das komplexe Bild wurde geopfert, zugunsten einer moralischen Eindeutigkeit, die kaum Raum für Debatte ließ.

  1. Wenn Ideologie wichtiger wird als Information

Der Fall ICE ist nur ein Beispiel, aber ein besonders drastisches. Denn hier zeigt sich in konzentrierter Form, wie weit sich öffentlich-rechtliche Sender inzwischen vom Anspruch entfernt haben, objektiv und umfassend zu berichten. Es geht nicht mehr darum, dem Zuschauer ein vollständiges Bild zu vermitteln, sondern darum, das „richtige“ Bild zu zeichnen.

Wer ARD und ZDF schaut, erfährt weniger über das, was passiert, sondern mehr darüber, wie Redaktionen es einordnen wollen. Der Zuschauer soll nicht nur informiert, sondern auch moralisch „korrigiert“ werden. Aus Journalismus wird Gesinnung. Aus Nachrichten wird Haltung.

In den USA tobten teils bürgerkriegsähnliche Zustände und der deutsche Gebührenzahler erfuhr davon in der Tagesschau kaum etwas. Stattdessen wurden ihm inszenierte „Aktivisten“ ohne Kontext, ohne Abwägung, ohne Faktenvielfalt.

Fazit: Öffentlich-rechtlich? Ja. Öffentlich objektiv? Nein.

Die ARD-/ZDF-Berichterstattung über die Anti-ICE-Proteste war nicht nur einseitig, sie war symptomatisch für einen wachsenden Trend im deutschen Journalismus: Die Welt wird nicht mehr erklärt, sie wird bewertet. Und zwar mit erhobenem Zeigefinger.

Wenn öffentlich-rechtliche Sender ihrer grundlegenden Aufgabe, objektive Information zu liefern, nicht mehr nachkommen, sondern sich als moralisch überlegene Weltvermittler inszenieren, gefährden sie nicht nur ihr eigenes Ansehen, sondern auch das Vertrauen in unabhängigen Journalismus insgesamt. Der Bürger aber hat ein Recht auf Fakten, nicht auf Filterblasen.

Wer verstehen will, was wirklich in den USA passiert – sollte ARD und ZDF kritisch mitdenken. Oder besser: selbst recherchieren. Denn die Welt ist komplexer, als die Berichte es glauben machen wollen.

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