Der Text ist zuvor auf dem INSM Blog erschienen. Die Denkfabrik R21 ist Associated Member im Economic Freedom Network, das den Fraser Index Economic Freedom of the World (EFW) in mehr als 100 Ländern gemeinsam veröffentlicht.
Wie der jährliche Economic Freedom Report des Fraser Instituts zeigt, sinkt die wirtschaftliche Freiheit seit Jahren. Deutschlands größter Problembereich ist die Größe des Staates. Hier belegt Deutschland gerade noch Rang 127 von 165 Ländern. Die Staatsquote steigt und der Staat verdrängt private Investitionen. Die steigenden Zinsausgaben schränken nicht nur die Gestaltungsspielräume künftiger Regierungen spürbar ein. Da Staatsausgaben entweder durch gegenwärtige Steuern, künftige Steuern oder Inflation finanziert werden, schränken sie auch die Gestaltungsspielräume der Bürger und Unternehmen ein. Durch die sogenannten Sondervermögen dürfte sich Deutschlands Position in dieser Kategorie in den nächsten Jahren eher noch weiter verschlechtern. Die Ergebnisse des Economic Freedom Index unterstreichen, dass es in Deutschland mutige Reformen in allen Feldern der Wirtschaftspolitik braucht. Nachstehend finden Sie ein Einordnung der Studie von R21-Wirtschaftsexperte Dr. Nils Hesse.
Einordnung zum neuen Economic Freedom Index 2025
Wer genau wissen will, wie wichtig wirtschaftliche Freiheit gerade für die ärmsten Menschen dieses Planeten ist, kann im jährlichen Economic Freedom Report des Fraser Instituts nachlesen. Dem neusten Bericht zufolge war 2023 – dem letzten Jahr, für das Daten vorliegen – die wirtschaftliche Freiheit in Hongkong, Singapur, Neuseeland, Schweiz und den USA am größten, am niedrigsten in Ländern wie Iran, Sudan oder Venezuela.
Der Unterschied in den Lebensbedingungen der 25 Prozent der wirtschaftlich freisten Länder im Vergleich zu den wirtschaftlich unfreisten ist gewaltig: Menschen in den wirtschaftlich freiesten Ländern verdienen im Durchschnitt etwa 6,2-mal so viel wie diejenigen in den unfreisten. Die Armutsquote ist im unfreisten Viertel der Länder etwa 25-mal höher als in den freiesten Staaten. Menschen in den unfreisten Ländern leben durchschnittlich 17 Jahre kürzer als Menschen in den freiesten Ländern, Säuglinge sterben dort fast zehnmal häufiger. Wirtschaftliche Freiheit ist zudem positiv korreliert mit individueller Freiheit, Lebenszufriedenheit, einer nicht-korrupten Regierung und einer saubereren Umwelt.

Der Economic Freedom Index misst die wirtschaftliche Freiheit anhand von fünf Bereichen, die jeweils aus weiteren Komponenten bestehen: (1) Größe des Staates, (2) Rechtssystem und Eigentumsrechte, (3) Stabiles Geld, (4) Freiheit des internationalen Handels, und (5) Regulierung. Jede der insgesamt 45 Komponenten wird auf einer Skala von 0 bis 10 bewertet, wobei 10 die höchste wirtschaftliche Freiheit anzeigt.
Die Autoren des Berichts weisen darauf hin, dass die einzelnen Bereiche und ihre Komponenten nicht isoliert voneinander die wirtschaftliche Freiheit bestimmen. Vielmehr wirken sie zusammen wie Räder, Motor, Getriebe, Antriebswelle und Rahmen eines Autos. So wie diese verbundenen Teile es einem Fahrzeug ermöglichen, sich fortzubewegen, entsteht auch wirtschaftliche Freiheit erst durch das Zusammenspiel eines auf seine Kernaufgaben konzentrierten Staates, einer schlanken Regulierung, eines funktionierenden Rechtsstaats, einer stabilen Währung und offener Märkte. Walter Eucken nannte dies die Interdependenz der Ordnungen.
Deutschlands wirtschaftliche Freiheit schneidet im Vergleich zu anderen Industriestaaten höchstens durchschnittlich ab. Vergleichsweise gut schneidet noch immer unser Rechtssystem und der Schutz der Eigentumsrechte ab (Platz 13im Vergleich von 165 Ländern). Förderlich für die wirtschaftlicher Freiheit sind insbesondere unsere weitgehend unabhängige und unparteiische Justiz. Doch mit -0,5 Punkten hat sich Deutschland seit 2013 beim Rechtssystem und dem Schutz der Eigentumsrechte am meisten verschlechtert. Besonders Immobilieneigentum wird in Deutschland nicht mehr so gut geschützt wie noch vor zehn Jahren. Mit der Freiheit des internationalen Handels hat sich die wirtschaftliche Freiheit nur in einem von fünf Bereichen in den letzten zehn Jahren verbessert.
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Deutschlands größter Problembereich ist die Größe des Staates. Hier belegt Deutschland gerade noch Rang 127 von 165 Ländern. Die Staatsquote steigt und der Staat verdrängt private Investitionen. Die steigenden Zinsausgaben schränken nicht nur die Gestaltungsspielräume künftiger Regierungen spürbar ein. Da Staatsausgaben entweder durch gegenwärtige Steuern, künftige Steuern oder Inflation finanziert werden, schränken sie auch die Gestaltungsspielräume der Bürger und Unternehmen ein. Durch die sogenannten Sondervermögen dürfte sich Deutschlands Position in dieser Kategorie in den nächsten Jahren eher noch weiter verschlechtern.
Fazit
Deutschland fällt zusammengenommen bei der wirtschaftlichen Freiheit zurück – am meisten leidet die wirtschaftliche Freiheit in Deutschland am großen Konsumenten Staat. Die Ergebnisse des Economic Freedom Index unterstreichen, dass es in Deutschland mutige Reformen in allen Feldern der Wirtschaftspolitik braucht, die den schuldenfinanzierten Sichtschutz vor unseren Problemen durch einen ordnungspolitischen Unkrautstecher ersetzen, der an den strukturellen Ursachen der Wirtschaftsmisere ansetzt.
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Nils Hesse berät und unterstützt die Denkfabrik R21 in Fragen der Ordnungspolitik und der Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft. Er hat Abschlüsse in VWL, BWL, Social Science und Politikwissenschaften und an der Uni Freiburg / Abteilung für Wirtschaftspolitik promoviert. Nils Hesse hat unter anderem als Redenschreiber im Bundeswirtschaftsministerium, Referent beim BDI, Wirtschaftspolitischer Grundsatzreferent im Kanzleramt, Journalist, Economic Analyst bei der EU-Kommission, Lehrbeauftragter und Fraktionsreferent der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gearbeitet. Derzeit arbeitet er an einer Habilitationsschrift zum Thema „Ordoliberalismus und Populismus“.
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