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Rödder sieht neuen Ost-West-Konflikt

Wir erleben aktuell den Übergang in eine neue Weltordnung – davon ist R21-Gründer Andreas Rödder überzeugt. In der Sendung „Stimmt!“ sprach der Historiker über einen neuen Ost-West-Konflikt und die Notwendigkeit zur Selbstbehauptung der liberalen Demokratien.

„Es macht mich ein bisschen nervös, wie in Deutschland über die Weltlage gesprochen wird“, erklärte Rödder in der Sendung. Viele glaubten hierzulande, nach Ende des Krieges in der Ukraine würde alles wieder so, wie es vorher gewesen ist. „So wird es aber nicht sein“, erklärte der R21-Vorsitzende. Vielmehr stehe eine neue Weltordnung bevor. Rödder sprach von einem „neuen Ost-West-Konflikt“, der aufgrund der Vielzahl von Akteuren noch gefährlicher als der alte sei: Staaten wie Russland, China und Iran verfolgten imperiale, autoritäre Ordnungen und stellten damit die Ordnung der liberalen Demokratie des Westens infrage.

Entscheidend sei aus westlicher Sicht dreierlei, so Rödder: Bündnissolidarität, eine Stärkung der EU und dass Deutschland seine Führungsrolle in Europa annimmt. „Welche Verantwortung Deutschland in Europa hat, haben wir noch viel zu wenig umrissen“, so der Historiker. Die Bundesregierung müsse sich hier aktiver einbringen und beispielsweise auf Initiativen des französischen Präsidenten Macron konstruktiv reagieren. Zwar blieben die USA ein wichtiger Bündnispartner. Doch da sich die europäischen Staaten nicht mehr im selben Maße wie bisher auf die amerikanische Bündnissolidarität verlassen könnten, gelte es, die europäische Handlungsfähigkeit innerhalb des Bündnisses zu erhöhen.

Mit Blick auf die Debatten über Waffenlieferungen an die Ukraine sagte Rödder: „Wir haben uns viel zu sehr davon abhängig gemacht, wie Putin auf irgendetwas reagieren könnte.“ Wenn Putin den Eindruck habe, dass der Gegner zurückweicht, dann presche er vor. Es gelte, die Ukraine gegen die imperiale Ideologie Russlands zu verteidigen. Natürlich müsse am Ende irgendeine Art der Verhandlungslösung stehen, dies dürfe jedoch nicht auf eine Kapitulation der Ukraine herauslaufen.

Die Selbstbehauptung der liberalen Demokratien des Westens sei das Gebot der Stunde, so der R21-Gründer. Dafür brauche es innere Stärke und Stärke nach außen. Deutschland müsse aus den Fehlern der jüngeren Vergangenheit lernen: „Wir haben uns von zwei autoritären Mächten abhängig gemacht, die die liberale Ordnung souveräner Staaten untergraben.“

Die Sendung in voller Länge finden Sie hier.

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  • Andreas Rödder

    Andreas Rödder ist Leiter der Denkfabrik R21 und Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Gegenwärtig wirkt er als Helmut Schmidt Distinguished Visiting Professor an der Johns Hopkins University in Washington. Er war Fellow am Historischen Kolleg in München sowie Gastprofessor an der Brandeis University bei Boston, Mass., und an der London School of Economics. Rödder hat sechs Monographien publiziert, darunter „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“ (2015) und „Wer hat Angst vor Deutschland? Geschichte eines europäischen Problems“ (2018), sowie die politische Streitschrift „Konservativ 21.0. Eine Agenda für Deutschland“ (2019). Andreas Rödder nimmt als Talkshowgast, Interviewpartner und Autor regelmäßig in nationalen und internationalen Medien zu gesellschaftlichen und politischen Fragen Stellung; er ist Mitglied im Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung und Präsident der Stresemann-Gesellschaft.

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