An der Integrität des Bundesamtes für Verfassungsschutz bestand jahrzehntelang kein Zweifel. In den vergangenen Jahren kam der Inlandsgeheimdienst allerdings immer wieder ins Gerede, stellt Kristina Schröder in ihrer Kolumne für die Tageszeitung „Die Welt“ fest. Insbesondere während der Amtszeit von Thomas Haldenwang als Präsident der Behörde wurde dem Verfassungsschutz immer wieder unterstellt, sich weltanschaulich instrumentalisieren zu lassen.
Schröder hebt hervor, dass dem Verfassungsschutz aufgrund seiner Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ in den kommenden Jahren weiter eine verstärkte Aufmerksamkeit zukommen wird, insbesondere im Hinblick auf ein mögliches Verbotsverfahren.
Die Befugnisse des deutschen Inlandsgeheimdienstes seien dabei bereits im internationalen Vergleich sehr weit gefasst, weshalb es bei deren Ausübung eines besonderen Augenmaßes bedürfe.
Jedoch habe der Verfassungsschutz in den letzten Jahren immer wieder „weltanschaulich hochumstrittenes Terrain“ beschritten und sich mitten in politische Debatten begeben, kritisiert die R21-Gründerin – etwa bei der Aufnahme des Begriffs „Queerfeindlichkeit“ in den Verfassungsschutzbericht. Nicht nur würde dieser Begriff dort nicht weiter definiert, sondern es würde auch beispielsweise einfache Kritik an den LGBTQ-Policies von Unternehmen darunter subsumiert.
Mithin herrsche beim Verfassungsschutz offensichtlich eine gewisse Unklarheit über die Reichweite des eigenen Auftrages.
Als weiteres Beispiel zieht Schröder den Begriff „Delegitimierung des Staates“ heran, welcher im Verfassungsschutzbericht 2021 gar für Kritik an „politischen Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels“ herangezogen wurde.
Abschließend stellt die stellvertretende R21-Vorsitzende infrage, ob eine Behörde, die einen derart großzügigen Umgang mit den eigenen Kompetenzen pflege, wirklich eine maßgebliche Instanz beim Umgang mit der größten Oppositionspartei sein sollte, zumal deren ehemaliger Präsident Haldenwang es als Auftrag betrachtete, deren Umfragewerte zu senken. Schröder sieht eine Neubesetzung des Postens als Chance, das Vertrauen in den Verfassungsschutz wiederherzustellen.
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Kristina Schröder ist stellvertretende Leiterin der Denkfabrik R21 und arbeitet als selbständige Unternehmensberaterin, Publizistin und Kolumnistin bei der Tageszeitung WELT. Von 2002 bis 2017 war die Christdemokratin Mitglied des Deutschen Bundestages. Neben ihrem Mandat schrieb sie ihre Dissertation bei dem Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen W. Falter zum Unterschied zwischen Gleichheit und Gerechtigkeit. Von 2009 bis 2013 war sie Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. „Danke, emanzipiert sind wir selber. Abschied vom Diktat der Rollenbilder“ lautete der Titel ihrer 2012 erschienenen Streitschrift, in der sie für eine Politik der Wahlfreiheit und des Respekt des Staates gegenüber privaten Lebensentwürfen von Frauen und Familien plädiert. Im September 2021 veröffentlichte Kristina Schröder die Essaysammlung "FreiSinnig. Politische Notizen zur Lage der Zukunft". Schröder engagiert sich ehrenamtlich in der schulischen Elternarbeit und als Botschafterin der Initiative Neue soziale Marktwirtschaft.
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