Im Interview mit Ruhrbarone.de spricht Martin Hagen über die Arbeit der Denkfabrik R21, den Vibe Shift als Gegenbewegung zu woken Übertreibungen und die verfehlte deutsche Energiepolitik. Der R21-Geschäftsführer plädiert dafür, die Kontroverse als Wesensmerkmal der Demokratie zu begreifen.
„Der Vibe Shift, der in den deutschen Medien häufig als Rechtsruck bezeichnet wird, ist im Grunde eine Gegenbewegung“, erklärt Hagen im Interview, „eine Reaktion auf die Übertreibungen einer bisher tonangebenden, progressiven Elite.“ Dieses Phänomen habe sich in den USA bereits bei der ersten Wahl Donald Trumps gezeigt, vor einigen Jahren sei das Pendel auch in Deutschland umgeschwungen. Deshalb sei die Herausforderung aus bürgerlicher Sicht inzwischen eine Doppelte: „Einerseits linksgrüne Narrativen etwas entgegenzusetzen. Und andererseits das Pendel, das inzwischen schon von links zurückschwingt, in der bürgerlichen Mitte aufzufangen – „denn sonst rauscht es nach Rechtsaußen durch.“
Zur Brandmauer-Debatte sagt Hagen: „Ich will nicht, dass die AfD in Deutschland zur bestimmenden politischen Kraft wird. Ich mache mir überhaupt keine Illusionen, was da teilweise für ein Gedankengut herrscht – von offener Fremdenfeindlichkeit bis zur Sympathie zu Autokraten wie Wladimir Putin.“ Gerade weil er sich um den liberalen Charakter Deutschlands sorge, plädiere er dafür, den bisherigen Umgang mit der Partei kritisch zu hinterfragen: „Die AfD wurde nicht kleiner, sondern immer größer. Gleichzeitig hat sie sich nicht gemäßigt, sondern weiter radikalisiert. Deshalb lohnt es sich doch, über einen Strategiewechsel nachzudenken, anstatt solche Überlegungen reflexhaft zu diffamieren.“
Der R21-Geschäftsführer kritisiert eine Verengung des Meinungskorridors in der deutschen Debatte: Über viele Jahre hinweg sei jede Position, die rechts vom Realo-Flügel der Grünen angesiedelt war, als rechtsradikal diffamiert worden – „sei es zur Migration, zu Coronamaßnahmen, zur Klimapolitik oder zur Frage, ob Transfrauen bei Sportwettkämpfen gegen biologische Frauen antreten sollten“. Die Denkfabrik R21 leiste durch ihre Arbeit einen Beitrag zu einem offeneren Diskurs: „Wir müssen in der Demokratie wieder lernen, zu streiten und Meinungen zu tolerieren, die wir selbst nicht teilen.“
Die deutsche Energiepolitik der letzten 25 Jahre kritisiert Hagen als „dramatische Wohlstandsvernichtung“. Sie sei vor allem zu Lasten der so genannten kleinen Leute gegangen: „Die EEG-Umlage war eine gigantische Umverteilung von unten nach oben – von den Menschen, die in Mietswohnungen leben, zu den Hausbesitzern mit PV-Anlage auf dem Dach. Dazu vernichten hohe Strompreise natürlich Industriearbeitsplätze.“ Die für Künstliche Intelligenz benötigten Rechenzentren würden den Strombedarf in den kommenden Jahren massiv ansteigen lassen. Es müsse jetzt eine ehrliche Debatte darüber geben, ob dieser bis 2045 wirklich zu 100 Prozent mit Erneuerbaren gedeckt werden kann und ob der Atomausstieg nicht doch noch reversibel ist. „Es gibt durchaus Experten, die sagen, man könnte einige der stillgelegten Kernkraftwerke mit einem überschaubaren Aufwand reaktivieren“, so der R21-Geschäftsführer
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Martin Hagen ist Politiker und Geschäftsführer der Denkfabrik R21. Er wurde 1981 in La Spezia (Italien) geboren, wuchs im Landkreis Rosenheim auf und studierte in München Politikwissenschaft. Danach war er unter anderem als Pressesprecher, Hauptgeschäftsführer und selbständiger Kommunikationsberater tätig. 2018 führte er die FDP als Spitzenkandidat zurück in den Bayerischen Landtag und war dort fünf Jahre lang Fraktionsvorsitzender. Von 2019 bis 2025 war er Mitglied des FDP-Bundesvorstands, von 2021 bis 2025 Landesvorsitzender der FDP Bayern. Kommunalpolitisch engagiert er sich als Gemeinderat in Vaterstetten. Das Wirtschaftsmagazin “Capital” zeichnete ihn dreimal in Folge mit dem Titel „Junge Elite – Top 40 unter 40“ aus. Hagen ist Vater von zwei Kindern und lebt in Baldham.
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