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Reality Check: der Isolationismus vor dem Aus

Seit dem Angriff Israels auf die iranischen Atomanlagen und dem kurzzeitigen militärischen Einschreiten der USA an der Seite Israels, träumt der Linksliberalismus von MAGAs Entzweiung, während MAGA einsehen muss: isolationistisch geht es nicht. Kurz bevor die USA die nuklearen Einrichtungen des Iran mit bombardierten fragte die Zeitschrift „The Atlantic“ Donald Trump, ob seine – bis dato nur moralische – Unterstützung Israels gegen den Iran nicht seiner isolationistischen “America First” Agenda widerspreche. Trump antwortete ausweichend: Niemand außer ihm habe je diese Agenda verfolgt, also würde er sie auch definieren.

Noch im Juni 2024 veröffentlichte die Washington Post den einsichtigen Artikel „The Myth of MAGA Isolationism“. Dann sollte ein Jahr später alles doch ganz anders sein. Kurz nach dem Militäreinsatz erschienen im Zeitraum vom 18. bis zum 30. Juni zahlreiche Zeitungsartikel, die den Bruch der MAGA-Bewegung vorwegnehmen wollten: MAGA’s Civil War isn’t over (New York Magazine), MAGA is divided over Trump’s decision to bomb Iran. Will it last? (Washington Post), MAGA is split over Israel and Iran (Al Jazeera), Trumps Military Attack on Iran reveals split among MAGA (Guardian), MAGA devotees are split over going to war with Iran (The Economist). Der Tenor: Die Isolationisten – die militärische Einsätze in anderen Ländern ablehnen – innerhalb MAGAs seien derartig empört über das „involvement“ im Iran, dass die gesamte Bewegung sicherlich demnächst kollabieren würde. Die MAGA-Basis wolle keinen Kriegseinsatz, wolle andere Prioritäten verfolgt sehen, und zwar Handel, Staatshaushalt, Kulturkampf und Einwanderung.

Nicht nur deutsche Medien zogen kritiklos mit, betitelten: Trump unter Druck: Iranpolitik spaltet MAGA-Lager (Frankfurter Rundschau), Wie der Irankrieg die MAGA-Bewegung spaltet (Süddeutsche Zeitung), Wenn sich MAGA-Republikaner und Demokraten einig sind (FAZ), Trumps Iran-Angriff: MAGA-Basis zwischen Kult und Verwirrung (BR). Tatsächlich haben sich mit Rand Paul, Steve Bannon, Carlson Tucker und Marjorie Taylor Greene eine knappe Handvoll MAGA-Figuren gegen den Iraneinsatz der USA im Iran ausgesprochen. In einem Podcast prognostizierte Carlson: „A full-scale war with Iran would end, I believe, Trump’s presidency.” Doch der MAGA-Bruch, das Ende von Trumps „Herrschaft“, den liberale Medien zusammen mit Carlson vorherzusehen meinten, war Wunschdenken, herbeigefaseltes Drama, Übertreibung.

Nach gängiger Meinung sind Republikaner in zwei Flügel gespalten: Einen reaganistischen, der sich weiterhin eine Führungsrolle der USA auf der Weltbühne wünscht, wohingegen der populistische MAGA-Flügel an das Bollwerk Amerika glaubt und der globalen Führungsrolle der USA skeptisch gegenübersteht.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Zu diesem Ergebnis kam das Ronald Reagan Institute im traditionellen Summer Survey: MAGA befürwortet inzwischen die Führungsrolle der USA in der internationalen Politik, mehr noch als Altrepublikaner. Die Studie, die kurz vor Beginn der amerikanischen Angriffe auf den Iran veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis: 73 Prozent der MAGA-Wähler wollen die US-Führungsrolle in der Welt, 86 Prozent sprechen sich für eine auch militärische Unterstützung Israels aus, 74 Prozent gegen den Bau der iranischen Atombombe. Insgesamt, so die Studie, schwindet unter den Amerikanern aller politischen Richtungen der Wunsch nach einem isolationistischen, außenpolitischen Ansatz, für diesen sprechen sich nur knapp 23 Prozent aus, im Sommer 2024 waren es noch 33 Prozent. „Americans of all political stripes”, so die Studie, “want our country to stand up to the tyrants in Moscow, Tehran, and Beijing as well as the terrorists in the Middle East”.

Inzwischen bestätigte auch eine Umfrage des Senders NBC: Den wenigen „high profile dissenters on Iran within the MAGA movement“ zum Trotz unterstützen 78 Prozent aller republikanischen Wähler und 84 Prozent von MAGA den Militärschlag. MAGA stünde fest an der Seite des Präsidenten.

Der Isolationismus spielt in den USA höchstens noch eine untergeordnete Rolle, für Trump-Wähler ist er nahezu irrelevant geworden, die weltpolitische Realität hat MAGA eingeholt. Kurz nach dem Waffenstillstand zwischen Israel und dem Iran legte die Demokratische Partei dem Kongress die „war powers resolution“ zur Abstimmung vor. Nach dieser soll der Präsident nicht länger ohne Zustimmung des Kongresses in internationale Konflikte eingreifen können. Die Resolution wurde abgelehnt.

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