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Mehrausgaben vor Konsolidierung

Das R21-Beiratsmitglied Lars P. Feld hat mit anderen Forschern die Wahlprogramme von Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CDU, FPD und SPD untersucht. Ziel der Analyse im Auftrag des CDU-Wirtschaftsrats war es herauszufinden, welche Konsequenzen für die öffentlichen Haushalte die Wahlversprechen der Parteien haben würden. Es geht dabei sowohl um die steuerpolitischen Pläne der Parteien als auch um die beabsichtigten Ausgaben in etwa in der Sozial- und in der Familienpolitik, Klimaschutz oder Industriepolitik.

Das Ergebnis – Auszug der Kurzzusammenfassung:

Die Parteien beschränken sich vielfach auf vage Absichtserklärungen. Die fiskalischen Konsequenzen der Gesamtpakete lassen sich dadurch nicht quantifizieren. Den Parteien verbleibt vielmehr ein erheblicher Interpretationsspielraum bei der Umsetzung ihrer Vorhaben, der durch die ausformulierten Finanzierungsvorbehalte noch verstärkt wird. Unterschiede bei der generellen Ausrichtung der Wahlprogramme lassen sich dennoch erkennen:

Die steuerpolitischen Forderungen von Bündnis 90/Die Grünen laufen auf Mehrbelastungen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hinaus, etwa aufgrund der Abschaffung des Ehegattensplittings und der Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne aus privaten Immobiliengeschäften sowie der Wiedereinführung der Vermögensteuer ab einem Nettovermögen in Höhe von zwei Millionen Euro.

Bei der Einkommensteuer sollen ab einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 100.000 Euro höhere Steuern gezahlt werden und im Gegenzug der Grundfreibetrag erhöht werden. Steuersenkungen werden explizit ausgeschlossen. Mehrausgaben werden für zahlreiche Förderprogramme, Subventionen, die Ausweitung von Sozialleistungen und für Zuschüsse an die Sozialversicherungen notwendig. Zur Finanzierung sollen entbehrliche Ausgaben identifiziert werden und klimaschädliche Subventionen gestrichen werden. Zudem soll die Schuldenbremse durch Rückkehr zur Investitionsorientierung aufgeweicht werden. Der Europäischen Union werden eine gemeinsame Verschuldung und eine gemeinsame Fiskalpolitik zugedacht.

Im Wahlprogramm von CDU/CSU stehen die meisten steuerpolitischen Vorschläge unter einem Finanzierungsvorbehalt. Entlastungen sollen schrittweise oder perspektivisch erfolgen. Steuererhöhungen sind nicht vorgesehen. Kleinere und mittlere Einkommen sollen entlastet werden. Näher spezifiziert wird diese Entlastung nicht. Der noch verbleibende Solidaritätszuschlag auf höhere Einkommen, die Abgeltungs- und Körperschaftsteuer sollen allmählich abgeschafft werden. Das Ehegattensplitting soll langfristig durch einen vollen Grundfreibetrag für Kinder ergänzt werden. Einen Freibetrag soll es zudem bei der Grunderwerbsteuer geben. Darüber hinaus ist eine Unternehmenssteuerreform angedacht. Auf der Ausgabenseite finden sich zahlreiche kleinteilige Vorschläge für Förderprogramme, Subventionen und industriepolitische Interventionen. Wie bei den Grünen sollen im Gegenzug entbehrliche Ausgaben gestrichen werden. Die Unionsparteien halten jedoch an der Schuldenbremse fest, wenngleich ein gewisser Interpretationsspielraum hinsichtlich möglicher Umgehungen mitschwingt. Eine dauerhafte oder weitere europäische Schuldenaufnahme wird ausgeschlossen.

Die Umsetzung der steuerpolitischen Vorschläge der FDP wäre mit deutlichen Steuersenkungen verbunden. Am stärksten würde sich fiskalisch die Entlastung aller Einkommen durch die Anpassung des Einkommensteuertarifs auswirken. Der Solidaritätszuschlag soll ebenfalls vollständig abgeschafft und die steuerliche Belastung von Unternehmen gesenkt werden. Zudem wird mit der Abschaffung der Gewerbesteuer und einem Zuschlagsrecht der Gemeinden auf Einkommen- und Körperschaftsteuer eine weiterreichende Reform skizziert. Zwar sollen einzelne Branchen gezielt unterstützt werden, die Anzahl an kleinteiligen Förderprogrammen ist aber insgesamt geringer. Der Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge soll begrenzt werden.

Dafür wird ein Absinken des Rentenniveaus zugelassen. Zudem sieht die FDP vor, den Anteil an Sozialausgaben im Bundeshaushalt auf 50 % zu deckeln. Durch die Veräußerung von Staatsbeteiligungen sollen Einnahmen erzielt werden, was sich jedoch bei der Schuldenbremse nicht auswirkt. Die FDP will zügig die Staatsschulden reduzieren. Eine dauerhafte oder weitere europäische Schuldenaufnahme wird ausgeschlossen.

Das Wahlprogramm der SPD ist kurz und gerade mit Blick auf die steuerpolitischen Vorhaben unspezifischer als die anderen Programme. Steuersenkungen werden nicht beschrieben. Bei der Einkommensteuer soll eine aufkommensneutrale Reformkleine und mittlere Einkommen entlasten und dafür Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von etwa 65.000 Euro stärker belasten. Zudem sollen die Verschonungsregelungen bei der Erbschaft-und Schenkungsteuer angepasst und die Vermögensteuer wiedereingeführt werden. Anders als bei den Grünen wird jedoch nicht ausformuliert, ab welchem Freibetrag die Steuer fällig würde. Eine Finanztransaktionsteuer soll eingeführt werden, selbst wenn keine Einigung in Europa erzielt werden kann. Steigende Kosten in der Pflegeversicherung und eine Stabilisierung des Rentenniveaus sollen durchhöhere Bundeszuschüsse und höhere Sozialversicherungsbeiträge finanziert werden. Verbindliche Ausbauziele und technologiespezifische Subventionen finden sich ebenfalls in diesem Wahlprogramm. Die Sozialleistungen sollen ausgeweitet werden. Eine Reform der Schuldenbremse ist nicht vorgesehen, bestehende Spielräume sollen aber genutzt werden. Die Europäische Union soll für eine gemeinsame Fiskalpolitik zusätzliche Einnahmen erhalten. Inwiefern hierzu Kredite gehören, wird nicht dargelegt.

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