Das Recht auf Abwägung zurückerobern
„Hört auf die Wissenschaft“ – dieses Credo ist so verlockend wie undemokratisch, erklärt Kristina Schröder in der Tageszeitung „Die Welt“. Was sich während der Pandemie etabliert hat, drohe nun zur Waffe der Klimabewegung gegen ihre Kritiker zu werden. Die Gesellschaft müsse auf ihr Recht bestehen, abwägen zu dürfen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten sei „das Vernünftigste, was wir tun können“, schreibt die R21-Gründerin in ihrer aktuellen Kolumne. Natürlich sollten Regierungen empirische Forschungsergebnisse zur Begründung ihrer Politik heranziehen. „Aber dennoch muss klar sein: Normative Urteile selbst kann uns die Wissenschaft niemals liefern“, so Schröder. Dies sei vielmehr Aufgabe der Politik, die sich dafür vor dem Souverän verantworten müsse.
„Diese demokratietheoretisch so fundamentale Aufgabenteilung zwischen Wissenschaft und Politik wurde in der Pandemie gefährlich verwischt“, schreibt Schröder. Teile der Wissenschaft hätten ihre Kompetenz überschritten und sich zu Werturteilen hinreißen lassen. Und Teile der Politik hätten dieses Spiel gerne mitgespielt. Das hätte es ihnen ermöglicht, „die drastischsten Grundrechtseinschränkungen seit dem 2. Weltkrieg ohne nennenswerte Gegenwehr in Gesellschaft, Medien, bei den Kirchen oder dem Ethikrat durchzusetzen“ und gleichzeitig die eigene Verantwortung für diese Entscheidungen „möglichst blass erscheinen zu lassen“. Schließlich habe man ja bloß „auf die Wissenschaft gehört“.
Schröder fürchtet eine Wiederholung dieser bewussten Verwischung der Grenzen beim Thema Klimaschutz: Auch hier sei die Tendenz unverkennbar, jegliche Versuche, Klimaschutzmaßnahmen etwa hinsichtlich ihrer Folgen für Freiheit oder Wohlstand abzuwägen, unter Verweis auf die Wissenschaft „herrisch vom Tisch zu fegen“. Die freie und aufgeklärte Gesellschaft müsse sich das Recht auf Abwägung wieder zurückerobern, so die ehemalige Ministerin.
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