Was nicht verboten ist, ist erlaubt: Wer auf diesem Grundsatz beharrt, erntet heute sofort Widerspruch. So ging es R21-Gründerin Kristina Schröder in der Sendung „Hart aber Fair“. In ihrer aktuellen Kolumne in der Tageszeitung „Die Welt“ appelliert sie an ihre eigene Partei: Das Gerede von „Hass und Hetze“ höhlt ein Fundament des Rechtsstaats aus!
Der Bürger ist frei, schreibt Schröder, solange der demokratisch legitimierte Gesetzgeber nicht ausdrücklich in diese Freiheit eingreift. Das unterscheidet liberale Demokratien von autoritären Regimen. „Konsequent zu Ende gedacht bedeutet das eigentlich, dass der Staat sich bei der Bewertung legalen Verhaltens seiner Bürger komplett zurücknimmt“, so die ehemalige Bundesministerin.
Doch beim Thema Meinungsfreiheit verunklare sich zunehmend, wie weit der Bereich des Erlaubten geht. Dieses Grundrecht, vom Bundesverfassungsgericht 1958 als „für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend“ bezeichnet, ist unter Druck. Derzeit würden rechtsstaatlich zweifelhafte Strukturen aufgebaut, mit denen so genannte „Hassrede“ im Netz bekämpft werden soll, erläutert Schröder: Von staatlich finanzierten Meldestellen, bei denen auch Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle problematisiert werden, über die vom Digital Services Act der EU legitimierten „Trusted Flagger“ bis zu Spezialeinheiten der Polizei, die bei Hausdurchsuchungen regelmäßig Handys und Laptops beschlagnahmen – „eine Art Bestrafung, wenn man sein Smartphone verliert“, wie ein Oberstaatsanwalt unter dem Feixen seiner Kollegen in einer TV-Doku erklärte.
„Gerade meine Partei könnte hier mit einer klaren Positionierung viel gewinnen“, schreibt die CDU-Politikerin in ihrer Kolumne. Die Union dürfe das Thema Meinungsfreiheit nicht weiter in den eingeübten Bahnen eines Law-and-Order-Themas begreifen – „sondern als Thema, bei dem sich der freiheitliche Rechtsstaat gerade da beweist, wo es darauf ankommt: in den Grenzbereichen.“
Die Kolumne finden Sie hier.
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Kristina Schröder ist stellvertretende Leiterin der Denkfabrik R21 und arbeitet als selbständige Unternehmensberaterin, Publizistin und Kolumnistin bei der Tageszeitung WELT. Von 2002 bis 2017 war die Christdemokratin Mitglied des Deutschen Bundestages. Neben ihrem Mandat schrieb sie ihre Dissertation bei dem Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen W. Falter zum Unterschied zwischen Gleichheit und Gerechtigkeit. Von 2009 bis 2013 war sie Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. „Danke, emanzipiert sind wir selber. Abschied vom Diktat der Rollenbilder“ lautete der Titel ihrer 2012 erschienenen Streitschrift, in der sie für eine Politik der Wahlfreiheit und des Respekt des Staates gegenüber privaten Lebensentwürfen von Frauen und Familien plädiert. Im September 2021 veröffentlichte Kristina Schröder die Essaysammlung "FreiSinnig. Politische Notizen zur Lage der Zukunft". Schröder engagiert sich ehrenamtlich in der schulischen Elternarbeit und als Botschafterin der Initiative Neue soziale Marktwirtschaft.
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