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Denkfabrik R21

Land of the Free: Das R21-Update aus den USA

Seit dem 20. Januar ist Donald Trump wieder Präsident. Die R21-Amerikaexpertin Sarah Pines spricht in der neuen Folge unserer Interviewreihe „Land of the Free“ über seine ersten Amtshandlungen, die Wende im Kulturkampf und eine milliardenschwere Krypto-Münze.

Liebe Sarah, wie ist seit Trumps Amtsantritt die Stimmung im Land?

Euphorisch auf der einen Seite, missgestimmt auf der anderen. Das Ende des Abendlandes steht allerdings nicht bevor, die Zerstörung der Demokratie auch nicht. Checks and Balances gelten auch für Trump.

Am 20. Januar wurde Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten eingeschworen. Bei seiner nunmehr zweiten Antrittsrede sagte er “A tide of change is sweeping the country, sunlight is pouring over the entire world, and America has the chance to seize this opportunity like never before.” Die Zeremonie fand wegen der eiskalten Temperaturen nicht wie sonst draußen, sondern in der Rotunda des Capitol statt, wo auch der „Sturm“ vom 6. Januar 2021 seinen Höhepunkt gefunden hatte.

Auch Trumps großes Vorbild Ronald Reagan hielt seine zweite Antrittsrede wegen schrecklicher Kälte drinnen, und fand für einen Schlechtwettertag eine sommerliche Rhetorik, sprach von dem „warm sunlight of human freedom“, das anstelle der „totalitarian darkness“ trete. Ja, die Straßen in Washington waren letzte Woche leer, die Rotunda brechend voll. Die besten Plätze im Publikum gingen an Tech-Milliardäre und die reichsten Männer der Welt: den Gründer von Amazon Jeff Bezos, Meta-Chef Mark Zuckerberg, den Apple-CEO Tim Cook, den TikTok-CEO Shou Zi Chew, den Google-CEO Sundar Pichai. Und natürlich an Elon Musk, CEO von Tesla und Space X. Mit Georgia Meloni und Javier Milei waren zum ersten Mal ausländische Staatsoberhäupter bei einer „transition of power“ anwesend. Trump hielt mit knapp 29 Minuten eine ungewöhnlich lange Antrittsrede.

Könntest du diese kurz kommentieren?

Trump sprach monoton und zurückgenommen, dennoch entstand das Gefühl einer Rally, nur ohne grölendes Publikum. Anstatt, wie sonst auf Antrittsreden üblich, das Kriegsbeil zu begraben und die nationale Einheit zu betonen, verwies Trump auf die Kluft der Lager, kritisierte die Biden-Regierung für ihre politische Instrumentalisierung des Justizsystems, dass sie Hurricane- und Brandopfer, wie jüngst die in Los Angeles, angeblich im Stich gelassen habe und mit außenpolitischen Krisen nicht umgehen konnte, die Grenze zu Mexiko nicht im Griff gehabt habe. Dann ging er dazu über, die zahlreichen Dekrete vorzustellen, die er noch am selben Tag unterzeichnen wollte.

Was er auch tat.

Allerdings. Am Ende seiner Rede verwies Trump auf das Attentat in Pennsylvania, dem er fast zum Opfer gefallen wäre. Er sagte: „I felt then, and believe even more so now, that my life was saved for a reason. I was saved by God to make America great again“ – über diesen Satz macht sich alle Welt lustig, es seien die Worte eines vermessenen Sonnenkönigs.

Nach der Amtseinführung begab Trump sich nicht, wie es traditionell vorgesehen ist, ins Weiße Haus, ließ auch die traditionelle „Presidential Parade“ ausfallen, sondern er hielt eine Rally in der Capital One Arena nahe Chinatown in DC, wo er außerdem an einem kleinen, für ihn dort aufgestellten Schreibtisch und vor den Augen seiner jubelnden Anhänger einige Dekrete unterzeichnete. Dann warf er seine Stifte ins Publikum, ließ sich ins Oval Office bringen und unterzeichnete weiter, und am Dienstag ebenso. Ein bemerkenswerter Start in die Amtszeit, oder?

Ein „Sonnenkönig“, der liefert. Und die Welt kann es nicht fassen, dass zur Abwechslung mal Wahlversprechen eingehalten werden. Trump unterzeichnete unter anderem den Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen, den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation, die Anerkennung bloß zweier biologischer Geschlechter, die Abschaffung sämtlicher Diversitäts-, Gleichheits-, und Inklusions-Maßnahmen in staatlichen und staatlich finanzierten Einrichtungen. Sämtliche staatlichen DEI-Beamte sind seit Mittwoch beurlaubt. Die New York Times berichtet – und dies berichten mir auch Freunde, die in Behörden arbeiten – dass die neue Regierung Staatsbediensteten mit Konsequenze gedroht hat, sollten sie Kollegen, die sich den Anordnung bezüglich DEI verweigern, nicht melden.

Was ist Trump in seinen ersten Tagen noch angegangen?

Trump befahl die Wiedereinstellung von etwa 8000 Militärs (inklusive Lohnnachzahlung), die die COVID-Impfung verweigert hatten und deswegen suspendiert worden waren. Er fordert den Panamakanal für Amerika zurück. Er erklärte den Energienotstand, will die Öl-und Gasproduktion ausweiten, insbesondere in Alaska und hat bereits Naturschutzgebiete wie das Arctic Wildlife Refuge für die Bohrung freigegeben. Auch hob er unter Biden eingeführte Energieeffizienzvorschriften (für Geschirrspüler und Gasherde) und Abgasvorschriften auf. Außerdem den Kündigungsschütz für Bundesangestellte.

Die klagen nun.

Ja, einige zumindest.

Helle Aufregung herrscht über die angebliche Abschaffung des US-Staatsbürgerschaftsrechts, das vorsieht, dass alle auf amerikanischem Boden Geborenen US-Staatsbürger sind. Bereits 22 US-Bundesstaaten haben Klage eingereicht, sprechen von Verfassungsbruch. Nun hat ein Bundesrichter den Erlass vorübergehend blockiert.

Es geht um die Anpassung des Verfassungszusatzes eines bestehenden Gesetzes, nicht um seine Abschaffung. Nur das Parlament kann dies tun, nicht Trump allein. Im 14 Amendment steht: „All persons born or naturalized in the United States, and subject to the jurisdiction thereof, are citizens of the United States and of the State wherein they reside”. Das Augenmerk liegt auf der Formulierung „subject to the jurisdiction thereof“. Die neue Regierung stellt die Frage, ob Kinder illegaler Einwanderer, oder von Personen mit temporärem Visa-Status (Touristen, Studenten, bestimmte, zeitlich begrenzte Arbeitsvisas) überhaupt der Jurisdiktion der USA unterworfen sein können, oder vielmehr der Jurisdiktion der Herkunftsländer ihrer Eltern. Für in den USA geborene Kinder von Eltern aus fremden Jurisdiktionen soll daher die Einbürgerung durch Geburt entfallen, es sei denn, der Vater ist Amerikaner oder ein Elternteil hat eine Green Card. Das scheint mir gesellschaftspolitisch zumutbar. Ich selbst kenne nicht wenige Akademiker die „visiting scholar“-Programme in den USA genutzt haben (die sind leicht zu bekommen, da der Aufenthalt nicht von den Institutionen finanziert, sondern aus eigener Tasche gezahlt wird), um hier ihr Kind zu kriegen, „den amerikanischen Pass abzugreifen“. Nach drei, vier, fünf Monaten waren sie wieder weg.

Trump hat nahezu alle Aufständischen, die am Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 beteiligt waren, begnadigt. Wie wird diese befremdliche Entscheidung in den USA gesehen?

Ein zentrales Wahlversprechen von Trump, aber eine seltsame und zu Recht umstrittene Entscheidung, die in den letzten Tagen von zahlreichen Polizeiverbänden kritisiert wurde. Trump soll sie einem Berater zufolge fast schon ad hoc, mit den Worten „Fuck it, release them all“ getroffen haben. Mit den Begnadigungen möchte er seiner Basis signalisieren, dass das Justizsystem korrupt ist und MAGA Gerechtigkeit bringt. Unter den Begnadigten ist auch der ehemalige Anführer der Proud Boys, der zu zweiundzwanzig Jahren Gefängnis verurteilt worden war, weil er den Umsturz der Regierung plante; außerdem Daniel Rodriguez, der zwölf Jahre absitzen sollte, weil er den Polizeibeamten Michael Fanone angegriffen hatte, der eine Hirnverletzung erlitt. „Tazzed the fuck out of the blue”, schrieb Rodriguez damals an Freunde.

Ebenfalls begnadigt wurde Jake Angeli-Chansley…

…Spitzname „QAnon Schamane“, wegen seiner Hornkappe und der wilden Körperbemalung. Seine Reaktion auf die Begnadigung war ein Facebook-Post, in dem er ankündigte, sich nun Schusswaffen zu kaufen. Im Vorfeld hatten sich etwa dreißig Prozent der amerikanischen Bevölkerung für die Begnadigungen ausgesprochen. Andere kritisieren, Trump glorifiziere mit dieser Maßnahme Kriminalität und Gangsterei.

Das DEI-Dogma wird beendet. An amerikanischen Regierungsgebäuden im In- oder Ausland sind fortan die Regenbogenflagge und der #BlackLivesMatter-Fahne verboten. Wie bewertest Du diese Wende im Kulturkampf?

Die Abschaffung vieler Diversitäts-, Gleichstellungs- und Inklusionsmassnahmen, die nicht nur weiße, sondern auch jüdische und asiatische Menschen diskriminieren, das Aufbrechen der diskursiven Zwangsjacke aus ewigen Gesinnungsbekundungen und ausweglosen Sprachregeln, die Erwachsenen und Kindern das Leben selbst im Privatesten zur Hölle gemacht und sie Schulerfolge, Karriere und Einkommen gekostet hat, lässt aufatmen.

Trump verwies in seiner Antrittsrede darauf, dass die künftige Regierungspolitik „kein Geschlecht und keine Rasse“ mehr kenne, sondern gute und schlechte Menschen.

Damit ist gemeint: solche, die sich an Gesetze halten, oder sie brechen. Außerdem soll fortan auf Leistung gesetzt werden, die jeder, unabhängig von Herkunft, sexueller Orientierung und Hautfarbe erbringen kann, und dafür die nötige Anerkennung bekommen soll. Dennoch glaube ich nicht, dass der Wokismus so schnell aus den Köpfen, insbesondere aus den Universitäten und den Geisteswissenschaften verschwindet, obwohl diese Woche ein Artikel der New York Times für Harvard das Gegenteil behauptet hat. Aber eine Rückkehr zu einer Politik des Common Sense, des gesunden Menschenverstands, wäre ein Anfang.

Medien im In- und Ausland haben sehr negativ auf Trumps Inszenierung und seine ersten Erlasse reagiert.

Thomas Jefferson beschrieb das Volk als „die einzige rechtmäßige Quelle aller Macht“. Trump hat vor den Augen dieses Volkes, das ihn demokratisch gewählt hat, live und sichtbar Wahlversprechen eingelöst – es ist das Gegenteil von Lügerei, sondern pure, reine Demokratie, mit einer Prise Silicon Valley und dem dortigen Motto move fast and break things.

Kritik liest man auch bezüglich des Immigrationsstopps an der Südgrenze und den geplanten Massenabschiebungen

Er ist richtig und wichtig, dass kriminelle Einwanderer ohne Aufenthaltsberechtigung abgeschoben werden – es ist jedoch unklar, ob die USA die nötigen finanziellen Ressourcen haben, in so riesigem Stil abzuschieben, wie Trump es ankündigte. Es handelt sich immerhin um bis zu 14 Millionen illegale Zuwanderer. Ich habe die Immigration an der Südgrenze immer gelassen gesehen: Anders als in Europa kommen aus Lateinamerika zumeist Menschen mit ähnlichen, wenn nicht gleichen christlichen Werten. Außerdem ist jeder, der legal oder illegal in die USA gelangt, auf sich alleine gestellt. Niemand bekommt eine Asylunterkunft, eine Bezahlkarte, geschweige denn eine Krankenversicherung. Insofern belasten diese Menschen auch nicht den Steuerzahler. Im Gegenteil, die allermeisten dieser Menschen tragen zum Bruttosozialprodukt bei, sie arbeiten als Feldpflücker in der Landwirtschaft, in der Fleischindustrie, im Servicebereich, mähen Rasen, sind Nannies, Essenslieferanten, Wasserträger in Restaurants.

Trump sprach in seiner Antrittsrede, und auch zugeschaltet auf dem World Economic Forum in Davos, von dem Goldenen Zeitalter, das in den USA nun begonnen habe. „America is back and open for business“, sagte er.

Ich finde das Bild des Goldenen Zeitalters interessant. Kulturhistorisch ist es eine ambivalente Zeit, die Kritiker und Fans von Trump gleichermaßen ansprechen dürfte. Das goldene Zeitalter wie Trump es zu evozieren versucht, ist Sehnsuchtsort der Antike, dräut am Horizont der (christlichen) Religionen und in der faschistischen Rhetorik. Selbst im gegenwärtigen populistischen Diskurs, ob er von rechts oder links kommt, schimmert es in Bildern und Sätzen auf; es spielte ebenfalls in den psychoanalytischen Diskursen der Kindheit von Freud bis Klein eine Rolle. In „Werke und Tage“ weist Hesiod Kronos, König der Titanen, Ahnherr der olympischen Götter, als Herrscher des Goldenen Zeitalters aus. Es war eine vormythische Zeit, die Zeit vor dem Verfall.

Den Trump ja auch gerne für Amerika diagnostiziert.

Richtig. Allerdings kannte das Goldene Zeitalter keine Individualität, keine Zukunftsträume. Es ist also weniger ein verlorenes Paradies, sondern bedeutete Dümpelei: Dumme, gutgläubige Menschen lebten sorglos, in Abhängigkeit von den Göttern und in Einklang mit der Natur, aßen, feierten und schliefen irgendwann für immer ein. Es war eine nach Innen schauende Gesellschaft, eine Bubble, zur Zerstörung von allem fähig, was außerhalb ihrer selbst lag.

Das Wochenende vor dem Beginn des Goldenen Zeitalters war eines der Partys und luxuriösen Veranstaltungen, eingeladen waren Sponsoren, Vertraute, Tech-Titanen, Peter Thiel schmiss ein Fest, Zuckerberg zeigte sich fast überall, Robert F. Kennedy auch, man traf sich auf Yachten, in unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemieteten Steakhäusern und in Privatclubs, in Penthäusern mit Blick auf das Weiße Haus. X, Uber und die von der ehemaligen NYT-Journalistin Bari Weiss gegründete „Free Press“ gaben zusammen einen Sonntags-Empfang im Riggs Hotel.

Viel bemerkenswerter war der Crypto Ball, der am Freitag den 17. Januar stattfand, auf dem die führenden Vertreter der Krypto-Branche den neuen Präsidenten feierten, während Trump seine eigene Krypto-Gedenkmünze-Münze $Trump vorstellte – es erstaunt, dass dieses Ereignis mit all seinen möglichen Implikationen medial mehr oder weniger unbeachtet blieb. Bereits am Sonntag morgen hatte die neue Trump-Währung 50 Milliarden Dollar eingebracht, am Montag morgen waren es 60 Milliarden. Axios schrieb, dass „ein finanzieller Vermögenswert, der am Freitagnachmittag noch nicht existierte, heute etwa 89 % von Donald Trumps Nettovermögen ausmacht“. Auch Melania launchte eine eigene Krypto-Gedenkmünze vor, rasch einen Wert von fünf Milliarden Dollar einbrachte. Zwar heißt es offiziell, dass der Kauf der Münzen „Ausdruck der Unterstützung und des Engagements für die Werte“ sei, „die von den Trumps verkörpert werden“, und dass nicht als „Investitionsmöglichkeit, ein Investitionsvertrag oder ein Wertpapier irgendeiner Art“ gedacht.

Dennoch ist der Launch der Münzen bedenklich.

Natürlich. Man könnte sagen, dass Trump sein Amt privatisiert, um sich zu bereichern. Außerdem verbietet die Foreign Emoluments Clause der amerikanischen Verfassung Personen, die Regierungsämter innehaben, die Annahme von Geschenken oder Titeln von ausländischen Staatsoberhäuptern, von ausländischen Regierungen, oder von Repräsentanten dieser Regierungen. Der ehemalige Trump-Angestellte und Wall Street Banker Anthony Scaramucci – der übrigens prognostiziert, dass Elon Musk noch nicht mal ein Jahr als Leiter des Ministeriums für effizientes Regieren durchhalten wird – sagte auf dem World Economic Formum in Davos, dass nun aber im Grunde jeder Mensch der Welt Geld auf das Konto des Präsidenten der Vereinigten Staaten einzahlen kann, ohne dass die einzelnen Zahlungen zurückzuverfolgen wären. Auch Adav Noti, Direktor des Campaign Legal Center, sagte: “It is literally cashing in on the presidency—creating a financial instrument so people can transfer money to the president’s family in connection with his office. It is beyond unprecedented.”

In seiner Abschiedsrede kurz vor Trumps Amtsantritt warnte Joe Biden vor einer Herrschaft der Superreichen unter Trump, vor einer „Oligarchie“.

Nun, die Demokraten haben Bill Gates und Geroge Soros, die Republikaner haben Elon Musk und Jeff Bezos. Als ich Trumps Antrittsrede auf CNBC schaute, kam ein dünner, freundlicher Mann, um etwas an meiner Heizung zu reparieren. Er war vielleicht Ende vierzig und ihm fehlte die obere Zahnreihe. Er schaute nicht Richtung Bildschirm, sondern konzentrierte sich ganz auf die Arbeit. Ob es diesen Menschen künftig besser gehen wird? Wahrscheinlich nicht. Ging es ihnen unter den Demokraten besser? Auch nicht. Amerika hat Armut gegenüber keine Empathie, nie gehabt. Amerika betet Reichtum an, Trump betet Musk an.

Einen CEO.

Ein analytisches Genie, der die newtonschen Gesetze der Maschine auf den Staat anwenden will. Wir werden sehen, ob das klappt.

Womit endet Trumps erste Arbeitswoche?

Mit einer ersten Reise. Am Freitag besuchte Trump zusammen mit Melania erst North Carolina, das in Teilen vom Hurrikane Helene zerstört wurde, dann flog er nach Los Angeles, um die dortigen Brandschäden zu begutachten. Er wurde unerwartet von Gouverneur Gavin Newsom am Flugplatz empfangen. Bei dem Besuch kündigte Trump an, die Regierung werde wahrscheinlich den US-Katastrophenschutz FEMA schliessen, da sie Hilfgelder künftig direkt an die jeweiligen Staaten schicken wolle. FEMA «stehe allem immer nur im Weg», sagte Trump. Schon länger ist die FEMA Trump ein Dorn im Auge. Erst im November wurde eine FEMA-Mitarbeiterin in Florida entlassen, weil sie ihr Team angewiesen hatte, vom Hurrikan beschädigte Häuser, an denen Trump-Wahlplakate angebracht waren, bei Hilfsaktionen auszulassen.

Wie würdest Du die Ereignisse der Woche zusammenfassen?

Der Kulturkampf geht in eine neue Phase und schwenkt nach rechts, die Einwanderungspolitik wird sich grundlegend ändern, die amerikanische Wirtschaftspolitik ebenso, mit Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen. Zunächst bleibt abzuwarten, wie sich die ab dem 1. Februar geltenden Strafzölle für Produkte aus Kanada, China und Mexiko auf die Alltagskosten der Menschen auswirken werden – und ob es diese überhaupt geben wird, eben weil sie die inländische Wirtschaft schädigen könnten. Allerdings sind die USA nur zu zirka zehn Prozent von Importen abhängig.

Außerdem ordnete der neue Außenminister Marco Rubio am Freitag die dreimonatige Einfrierung aller US-Auslandshilfen an.

Und ordnet eine interne Überprüfung aller bisherigen Auslandshilfen an. Betroffen ist unter wahrscheinlich die Ukrainehilfe, außerdem die Bereiche Gesundheit und Bildung und die allgemeine Entwicklungshilfe. Ausgenommen ist die Militärhilfe für Israel und Ägypten, sowie Hilfsgelder und Lebensmittel bei Hungersnöten. Es ist noch unklar, ob dies rechtmäßig ist, da eigentlich der Kongress über den Bundeshaushalt bestimmt. Die britische Zeitung „The Guardian“ sieht in der Maßnahme ein Zeichen für Amerikas beginnenden Rückzug von der globalen Vormachtstellung.

Vielleicht ist Amerika tatsächlich müde, der ewige Polizist der Welt zu sein.

Trump will die Idee Amerikas wieder groß machen, das Land zumindest in den Köpfen als etwas Herrliches entstehen lassen. Die USA werden die Welt künftig vielleicht nicht mehr ausbalancieren, sie scheinen sich zunehmend von internationalen Verträgen und dem daran hängenden Wertekanon des liberalen Westens abzuwenden.

Sarah Pines

Sarah Pines ist im Sauerland und in Bonn aufgewachsen, hat Literaturwissenschaft in Köln und an der Stanford University studiert und wurde in Düsseldorf mit einer Arbeit über Baudelaire promoviert. Sie schreibt für die Kulturressorts der ›Zeit‹, der ›Welt‹ und der ›NZZ‹. Pines lebt als freie Autorin in New York. 2020 veröffentlichte sie die Kurzgeschichtensammlung ›Damenbart‹; im August 2024 erscheint ihr erster Roman ›Der Drahtzieher‹.

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