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Foto: Thorsten Schier via Shutterstock

Transformation der Wirtschaft

VON NATALIE MEKELBURGER UND NILS HESSE

Einen Subventionswettlauf mit China und den USA können wir nur verlieren

Zu viel kleinteilige Klimapolitik deformiert die Soziale Marktwirtschaft, finden unsere Gastautoren von der Denkfabrik R21. Sie plädieren stattdessen für einen internationalen Emissionshandel.

Der Unternehmensappell der Stiftung KlimaWirtschaft bringt eine wichtige Debatte über eine Neuaufstellung unserer Klima- und Energiepolitik in Gang. Sie zielt aber in eine falsche Richtung. Es ist ein Irrglaube, mehr Staatsgelder wären die Lösung.

Richtig ist die Grundannahme des Appells: Unser Wirtschaftsmodell steht unter Druck. Das liegt aber nicht an zu wenig, sondern an zu viel kleinteiliger und dirigistischer Klimapolitik. Würde die Politik dem Appell folgen, würde unser hocheffizientes Wirtschaftsmodell der Sozialen Marktwirtschaft weiter deformiert. Warum „unser wirtschaftliches Überleben als Standort“ davon abhängt, dass Deutschland als einzelnes Land das Ziel der Klimaneutralität 2045 erreicht, wird nicht erklärt. Es kann auch nicht erklärt werden.

Tatsächlich vernachlässigt der Appell, dass Klimaschutz eine globale Aufgabe ist, die mit globalen Instrumenten und Investitionen angegangen werden muss. Klimaschutz, der nicht über die nationalen Grenzen hinausdenkt, verschwendet wertvolle Ressourcen, konserviert alte Geschäftsmodelle und fördert im schlimmsten Fall die Verlagerung von Emissionen ins Ausland. Das hilft weder dem Klima noch unserem Wirtschaftsstandort.

Wenn wir in einen Subventionswettlauf mit China und den USA einsteigen, wird dieser zu einem endlosen Rundlauf, den wir am Ende nur verlieren können. Subventionen können nicht auf Dauer strukturell bedingte Kostennachteile ausgleichen. Mit vom Staat finanzierten und gelenkten grünen Investitionen bauen wir unsere Produktionskapazitäten nur um, nicht auf. Die Hoffnung, aus einer Transformation, die den marktwirtschaftlichen Wettbewerb umgeht, einen „Business Case“ zu machen, ist trügerisch.

Subventionen muss der Rest der Wirtschaft zahlen

Ein gemeinsames klimapolitisches Leitbild sollte nach Meinung fast aller Klimaökonomen einen möglichst länder- und sektorübergreifenden Emissionshandel in den Mittelpunkt stellen, in dem die günstigsten Vermeidungsoptionen gefunden werden und der das Trittbrettfahrerproblem der internationalen Klimaökonomie löst. Soziale Verwerfungen durch eine CO₂-Bepreisung sind nicht zu befürchten, wenn die Einnahmen nicht in Förderprogrammen versickern, sondern über ein Pro-Kopf-Klimageld an die Bürger und über eine Senkung der Steuern oder Netzentgelte an die Unternehmen zurück verteilt werden.

Leider fordert der Appell der Stiftung KlimaWirtschaft weder einen internationalen Emissionshandel mit einem effektiven Grenzausgleichsmechanismus, noch ein Klimageld und Steuererleichterungen, die alle Verbraucher und Unternehmen entlasten. Die Kosteneffizienz der Transformation hat für die Stiftung offenkundig keine Priorität.

Forderungen nach weniger Bürokratie, einfacheren Genehmigungsprozessen und einer vollumfänglich digitalisierten Verwaltung, von der „die Wirtschaft“ in ihrer Breite profitieren würde, spricht der Appell nur am Rande an. Maßnahmen, um die Wirtschaft wirklich zu entfesseln, etwa eine Unternehmenssteuerreform oder ein Moratorium für zusätzliche Regulierungslasten , haben es erst gar nicht in den Appell der 50 Unternehmen geschafft.

In einer funktionsfähigen Sozialen Marktwirtschaft sollte sich der Staat auf seine Kernaufgabe konzentrieren und gute Rahmenbedingungen für klimaeffizientes Wirtschaften setzen. Staatliche Investitionen sollten sich auf die offene Erforschung neuer und nicht auf die Subventionierung bestehender Technologien konzentrieren, um in einem ersten Schritt Dekarbonisierungstechnologien voranzubringen und sie in einem zweiten Schritt der Welt zur großflächigen Emissionsreduktion bereitzustellen.

Je marktfähiger solche Technologien werden, desto eher lohnt es sich auch für Entwicklungs- und Schwellenländer, sich einem globalen Emissionshandelssystem anzuschließen.

Wer die Klimaerwärmung als echtes Problem begreift, muss die knappen Ressourcen klug einsetzen, in die Erforschung sowie Entwicklung neuer Technologien investieren und international die Bepreisung von CO₂ vorantreiben. Nur eine kosteneffiziente und effektive Klimapolitik hilft, einen gesellschaftlichen Anti-Klima-Backlash und ein Erstarken rechtsextremer Kräfte zu verhindern. Der von der Stiftung KlimaWirtschaft vorgeschlagene Weg würde hingegen das Gegenteil erreichen.

Der Artikel erschien erstmals am 16. Februar 2024 in der Tageszeitung „DIE WELT“.

Nils Hesse

Nils Hesse berät und unterstützt die Denkfabrik R21 in Fragen der Ordnungspolitik und der Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft. Er hat Abschlüsse in VWL, BWL, Social Science und Politikwissenschaften und an der Uni Freiburg / Abteilung für Wirtschaftspolitik promoviert. Nils Hesse hat unter anderem als Redenschreiber im Bundeswirtschaftsministerium, Referent beim BDI, Wirtschaftspolitischer Grundsatzreferent im Kanzleramt, Journalist, Economic Analyst bei der EU-Kommission, Lehrbeauftragter und Fraktionsreferent der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gearbeitet. Derzeit arbeitet er an einer Habilitationsschrift zum Thema „Ordoliberalismus und Populismus“.

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Natalie Mekelburger

Natalie Mekelburger führt seit 2006 das unabhängige, global agierende Familienunternehmen Coroplast Fritz Müller GmbH & Co. KG in der dritten Generation. Als meinungsstarke Unternehmerin macht sie sich für die liberale Marktwirtschaft und eine bürgerliche Gesellschaft stark. In der Öffentlichkeit bezieht sie regelmäßig Stellung zu Fragen wie dem Klimawandel, der Mobilitätswende, der Steuer- und Geldpolitik – immer auch mit dem Blick auf den Mittelstand und seine Rolle für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Erst unlängst präsentierte sie ihre teils warnende, teils motivierende Vision für das Jahr 2030 im Spiegel-Bestseller „Zukunftsrepublik Deutschland“. Ihren Beitrag zum gesellschaftlich-politischen Diskurs leistet sie auch als Mitglied des Senats der Fraunhofer Gesellschaft, im Vorstand des VDA als Vertreterin der Automobilzulieferer sowie in verschiedenen regionalen Wirtschaftsverbänden. Für ihren unternehmerischen Erfolg wurde ihr 2017 der Titel „Entrepreneur of the Year“ von der Unternehmensberatung EY verliehen.

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